Religiöse Bildung

Stell Dir vor: Du hast in Deinem ganzen Leben immer nur Äpfel gegessen. Deine Eltern,
Erzieher:innen und Lehrer:innen haben Dir nie etwas anderes angeboten: „Äpfel sind gesund und das Beste für Dich“.
Im Einkaufsmarkt, Urlaub oder zu Besuch bei anderen Familien hast Du zwar weitere Früchte gesehen, z.B. Birnen. Auf Deine Frage, was das denn sei, erhieltst Du die Antwort: „Das brauchen wir nicht, wir haben ja Äpfel. Wenn Du erwachsen sind, kannst Du ja wählen.“
So ergeht es vielen Kindern heute mit Religion. Sie kennen nur Äpfel (sagen wir: Ein Lebensentwurf ohne Gott oder das Göttliche), und sollen dann irgendwann auswählen, ob sie vielleicht doch lieber Birnen (sagen wir Glaube, Spiritualität, ein Lebensentwurf mit einem Gott oder dem Göttlichen) mögen.
Religiöse Bildung hat dieses Anliegen: dass Menschen, insbesondere Kinder, auch Birnen kennenlernen. Oder Bananen, Pflaumen, Kürbis… Dass sie probieren können und selbst. herausfinden: Was schmeckt mir?

Jedes Kind hat ein Recht auf Religion. Religion, das Religiöse, das Spirituelle befähigt Kinder, sowie Eltern und Pädagog:Innen zu einer
Suche nach Antworten auf ihre Lebensfragen. Im Grundgesetz und in der UN – Kinderrechtskonvention ist das Recht auf Religion und Religionsfreiheit festgeschrieben.

Religiöse Bildung ist im Sächsischen Bildungsplan verankert: Im Bildungsbereich „Soziale Bildung“ ist unter der Überschrift: Werte und Weltanschauungen Folgendes zu lesen: „Durch existentielle Fragen fordern sie (die pädagogischen Fachkräfte) dazu heraus, sich selbst den Grundfragen des Lebens und der menschlichen Existenz zu stellen: Wo war ich eigentlich, als ich noch nicht da war? Was ist hinter dem Himmel? Wenn ich tot bin, bin ich dann kaputt oder ganz? sind Bäume Lebewesen?…. Die Auseinandersetzung mit Wertfragen und existentiellen Fragen ist nicht auf konfessionelle Einrichtungen beschränkt, sondern betrifft die Bildungsarbeit mit Kindern insgesamt…. Die in einer Kindertagesstätte anzutreffenden religiösen Orientierungen können als Beispiel und Anlass für die Beschäftigung mit weltanschaulichen Fragen genutzt werden. Die Spuren der verschiedenen religiösen Traditionen in Architektur, Kunst und jahreszeitlichen Festen, in den Geschichten, Liedern und Märchen, in Symbolen und Ritualen können zum Gegenstand von gemeinsamen Erkundungen werden.“
Quelle: Sächsisches Staatsministerium für Kultus (Hrsg.): „Sächsischer Bildungsplan. Ein Leitfaden für pädagogische Fachkräfte in Krippen, Kindergärten und Horten sowie für Kindertagespflege“, Dresden, 2007, S. 70

Zudem beinhaltet der Sächsische Bildungsplan einen Anhang (Nr. 4), der sich ausschließlich mit dem Thema religiöse Bildung auseinandersetzt.

In der Bildungskonzeption der Ev. Luth. Landeskirche Sachsens „Glauben leben lernen“ ist zu lesen: „Zum Profil evangelischer Einrichtungen gehört es, Zugänge zum christlichen Glauben zu schaffen durch Andachten, durch die Mitwirkung an Familiengottesdiensten sowie durch die Beachtung des Kirchenjahres.“
Quelle: Bildungskonzeption der EVLKS: „glauben leben lernen“, Dresden; 2012, S. 43 – 44

Die Evangelische Kirche in Deutschland schreibt in ihrer Handreichung zur religiösen Bildung in evangelischen Kindertagesstätten „Kinder in die Mitte. Evangelische Kindertageseinrichtungen: Bildung von Anfang an“ von 2020: „Religiöse Erziehung in evangelischer Perspektive ist in der
Kindertageseinrichtung nicht auf die Weitergabe von Glaubensinhalten beschränkt, sondern vermittelt eine religiös geprägte Einstellung zur Welt und zum Leben insgesamt. Sie beginnt mit Grunderfahrungen von Angenommensein und Geborgenheit, Zuwendung und Liebe, Freude, Schutz und Vertrauen. Der Umgang mit Angst, Fremdsein, Hilflosigkeit und Verlassensein wird eingeübt.“
Quelle: EKD: „Kinder in die Mitte. Evangelische Kindertageseinrichtungen: Bildung von Anfang an“, Evangelische Verlagsanstalt GmbH, 2020, S. 52